Kann er nicht einen guten Kumpel haben, wie jedes andere männliche Wesen auf dieser Welt auch? Einen kleinen Typen mit Brille, der schwitzt wenn er sich sportlich betätigt, der nach einem Burger rülpst und der viel zu oft in unserer Wohnung ist? Ich wäre nicht sauer, wenn die beiden Freitag abends gemeinsam Bundesliga schauen würden. Wenn ich gut aufgelegt wäre, würde ich ihnen vielleicht sogar ab und zu ein Bier an ihren angestammten Platz auf der Couch servieren.
Und einmal wöchentlich hätten wir Streit, weil er die Sitten von dem Kleinen annimmt und ihm der Männerabend wieder einmal wichtiger ist als ein Opernbesuch. Mit all dem könnte ich leben, hätte er nur einen kleinen, bebrillten, guten Freund. Aber nein, dem ist nicht so. Sein Saufkumpane ist 1,76, brünett, schlank, hat einen verdammt verführerischen Augenaufschlag und heißt Anna.
Liebe ohne Eifersucht gibt es nicht
Es ist dieses stechende Gefühl, das man nicht genau lokalisieren kann. Es ist der intensive Wunsch, diese dritte Person, die sich einfach von heute auf morgen in die Beziehung geschmuggelt hat, mit einem Fingerschnipp zu eliminieren. Alles war doch gut – bis sie kam. Sie und mit ihr die Eifersucht.
Die beste Beschreibung dieses Gefühls liefert das Wort selbst. Es stammt aus dem Althochdeutschen, wobei eiver soviel wie das Herbe, Bittere bedeutet und suht Krankheit oder Seuche ausdrückt. Herb und bitter ist es allerdings, wenn der geliebte Partner einen nicht unerheblichen Teil seiner Aufmerksamkeit jemand anderem widmet.
„Liebe ohne Eifersucht gibt es praktisch nicht, und in gewissem Maße ist sie sogar positiv“, erklärt der Therapeut Dr. phil. Wolfgang Krüger, der sich schon seit 20 Jahren mit dem Thema auseinandersetzt und extrem eifersüchtige Patienten behandelt. Eine gesunde Eifersucht ist ganz normal, schließlich bedeutet dieses Gefühl, dass wir unseren Partner nicht verlieren wollen, was impliziert, dass er uns wichtig ist. Sind wir selbst in der Situation, denken wir meist, dass der Partner an unseren Gefühlen schuld ist. Doch die Gründe für die Angst liegen oft alleine an uns selbst. Selbstzweifel, Besitzdenken und die Einstellung, unbedingt die Liebe des Partners zu brauchen verursachen Eifersucht.
Eifersucht ist laut einer Studie der häufigste Grund, warum Mitmenschen gewaltsam aus dem Leben befördert werden. Das stechende Gefühl kann manchmal in ein krankhaftes Verhalten ausarten.
Krankhaft eifersüchtig
Wird die Angst vor dem Verlust zum Dämon, der sich rund um die Uhr in unsere Gedanken schmuggelt und ohne jeglichen Grund immer und überall Gefahren sieht, ist die Grenze zur krankhaften Eifersucht überschritten.
Ungebändigter Hass, Wutausbrüche, Überreaktionen, Gewalt, Rache oder Selbstmorddrohungen: Eifersucht kann das Leben für alle Beteiligten zur Hölle machen. Und auch wenn es Betroffene nicht hören wollen: Krankhafte Eifersucht ist ein ernsthaftes Problem, das meistens nicht an der Flatterhaftigkeit des Partners, sondern allein an einem selbst liegt.
Psychoanalytiker begründen krankhafte Eifersucht mit dem Zweifel an der eigenen Wertschätzung, dessen Wurzeln in der Kindheit liegen können. Ein Fehlen bedingungsloser Liebe und Geborgenheit oder starke Ablehnungserlebnisse in der Vergangenheit können zu extrem eifersüchtigen Verhalten im Erwachsenenalter führen. Aber auch die nicht bewältigte Eifersucht auf jüngere Geschwister kann sich in späterer pathologischer Eifersucht ausdrücken.
Und jetzt, was tun?
Die wirksamste Waffe gegen Eifersucht ist unzweifelhaft ein gesundes Selbstwertgefühl. Selbstbewusstsein wächst allerdings nicht durch oberflächliche Sozialkontakte, die den Partner ebenfalls eifersüchtig machen. Außerdem sollte man sich bewusst machen, dass ein gutes Selbstwertgefühl nicht allein von der Gunst des Partners abhängig ist. Erfahrene Erfüllung und Anerkennung in anderen Lebensbereichen außerhalb der Beziehung, machen selbstbewusster und unabhängiger.
Wenn man sich selbst nicht attraktiv und liebenswert findet, wie sollte man dann glauben, dass der Partner vom Gegenteil überzeugt ist und einen bedingungslos liebt? Das heißt: Werde dir bewusst, welche Qualitäten in der stecken und du wirst erstmals wirklich beginnen zu glauben, dass dein Partner nur dich will. Die Eifersucht wird sicher nie ganz verschwinden, aber das ist auch gut so: Ein gesundes Selbstbewusstsein mit einem Spritzer Eifersucht stärkt wiederum das Selbstbewusstsein des Partners und ist auf jeden Fall sexy.
Erste Hilfe
Als Erste-Hilfe-Tipp bei einem akuten Eifersuchtsanfall: Einmal tief durchatmen und sich mit frischen Sauerstoff im Gehirn überlegen, wie realistisch die Gefahr ist, die man bei sich auf dem Radarschirm zu sehen glaubt. Die gerade eben im Kopf inszenierte Katastrophe wird einmal kritisch beleuchtet, verworfen und versucht durch Erinnerungen an einen glücklichen Moment mit dem Partner ersetzt. Und als kleines Zuckerl wird einmal überlegt, wie einem der Partner immer wieder zeigt, dass er nur an einem Menschen interessiert ist- nämlich an einem selbst. Mal ehrlich – ist das nicht Beweis genug, dass die Eifersucht absolut unbegründet ist?
Während mein Freund also mit Anna wieder mal seine sportliche Energie bei einer gemeinsamen Radtour auslebt, bereite ich zu Hause ein verführerisches Dinner vor. Und ich weiß genau: Gegen die körperlichen Betätigungen, die ich mir für uns zwei einfallen lasse, hat sie keine Chance.
[kate]
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